Ruf nach genaueren Kontrollen

Datum der Veröffentlichung: 
25. Februar 2010

Lebensmittel. Sieben Todesfälle durch mit Listerien verseuchten Quargel. Fünf davon in Österreich und eine Frage, die bleibt: Sind Kontrolleure zu wenig und schlecht ausgebildet? Eine Expertin sagt Ja.

Stefan Veigl
Anja Kröll

Wie gut funktioniert die heimische Lebensmittelaufsicht? Zwei Mal wurde das betroffene Unternehmen kontrolliert, zwei Mal keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Insgesamt wurden 38.506 Betriebe im Jahr 2008 (letzte Erhebung) geprüft, 32.643 amtliche Proben gezogen und von der Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit (AGES) untersucht.

Dennoch werden immer wieder Vorwürfe laut, bei der Lebensmittelaufsicht werde seit Jahren gespart – an Personal, Qualifikation und Weiterbildung. Dies kritisiert auch Expertin Maria Panuschka, Lebensmittel- und Biotechnologin, die nach einer Karriere in der Lebensmittelindustrie (u. a. Unilever und Airrest) beim TÜV Austria als Leadauditor für den Fachbereich Lebensmittel arbeitet. Sie kontrolliert Lebensmittelbetriebe, die sich freiwillig einer TÜV-Prüfung unterziehen oder zertifiziert werden.

Problemfall Ausbildung

Das Problem laut Panuschka: Die teilweise unzureichende Grundqualifikation der Lebensmittelkontrolleure. „Ob ein Facharbeiter, ein HTL-Maturant oder ein Akademiker eingestellt wird, obliegt dem Landeshauptmann. Das ist gesetzlich leider nicht geregelt,“ sagt Panuschka.

Die Folge daraus: „Beim Personal hat man gespart und es wurden zum Beispiel statt Akademikern günstige Fachabsolventen genommen. Außerdem gibt es etliche Quereinsteiger. Aber nur durch eine Schulung kann man jemanden nicht das nötige Niveau geben. Das ist eine zu komplexe Materie.“ Bei der zuständigen Behörde in Salzburg weist man diese Kritik zurück. „Die Ausbildung der Prüfer ist in einer Verordnung genau geregelt. Unser Personal ist bestens ausgebildet, auch wenn es sich um keine Akademiker handelt“, erklärt Sprecher Andreas Eichhorn. Acht Vollzeitstellen seien in Salzburg für die Kontrollen zuständig. „Weil wir aber eben nun verstärkter kontrollieren, befinden sich weitere sechs Mitarbeiter in einer Ausbildung“, erklärt Eichhorn. Akademiker befinden sich keine unter ihnen. Auch in Oberösterreich hat man für die Kritik kein Verständnis. Vier von 40 Aufsichtsorganen seien hier akademisch ausgebildet. Ihre Arbeit würden alle „ausgezeichnet erfüllen.“

Ein weiterer Kritikpunkt der TÜV-Expertin: In einigen Bundesländern sei bei den Lebensmittelkontrollen die Leitung eingespart worden und der Bereich stattdessen dem Sanitäts- oder dem Veterinärdirektor unterstellt worden. „Nicht bös sein – aber was versteht ein Tierarzt vom Gemüse? Ich mische mich als Lebensmitteltechnikerin ja auch nicht bei der Viehhaltung ein. Das kann nicht funktionieren.“ Auch bei der Lebensmittelaufsicht in Oberösterreich wurden die Abteilungen Veterinärwesen und Ernährungssicherheit zusammengelegt. „Die Bereiche sind ähnlich, das war eine organisatorische Entscheidung“, sagt ein Sprecher.

Die Lebensmittelkontrolleure treffe laut Panuschka am wenigsten Schuld: „Sie geben ihr bestes – aber haben eine dermaßen große Zahl an Betrieben zu kontrollieren. Was ein Kontrolleur bei einem Betriebsbesuch alles anschauen muss – das ist fast nicht bewältigbar.“ Gerade bei den Listerien, die häufig vorkommen, müsse man „gut in der Materie drinnen sein, um zu wissen, wann es schlagend wird“, sagt die Lebensmitteltechnologin. „Es geht nicht nur um die Produkte, sondern auch um Handelsklassen, Verpackungen oder Spielzeug und die Lebensmittel-Kontaktmaterialien. Da braucht es Fachleute mit bester Qualifikation und genug Zeitressourcen.“

Übrigens: Die Zahl und Qualität der Proben in Österreich ist für Panuschka durchaus in Ordnung. Einen Ansatzpunkt für die Verbesserung der Lebensmittelsicherheit sieht die Biotechnologin aber bei den Betrieben selbst: „Die Firmen müssen umdenken. Die Ausbildung der Verantwortungsträger im Betrieb ist oft mangelhaft.“ So sei es bei ihren eigenen Audits schon vorgekommen, dass ihr Firmenchefs von veralteten Lebensmittel-Hygieneverordungen erzählt hätten.

Angst, dass mehr Betriebe bei einer Verschärfung der Kontrollen zugesperrt werden müssten, hält die TÜV-Expertin für unbegründet: „Niemand will einen Betrieb umbringen. Es muss aber nicht zum Skandal kommen. Der Lebensmittelinspektor kann helfen, Probleme rechtzeitig zu finden.“

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