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Lübeck - 2500 Imbisse, Gaststuben und Restaurants unterliegen der Überwachung durch Lebensmittelkontrolleure. Die Ergebnisse sind geheim. Lübeck berät jetzt über ein „Smiley“-Projekt und eine Ekelliste.
Die Bürgerschaft will mehr Transparenz in der Lübecker Lebensmittelwirtschaft und einen besseren Verbraucherschutz in der Hansestadt. Im November 2009 beschloss die Stadtvertretung, ein Anreizsystem einzuführen – auf freiwilliger Basis. „Smiley“ heißt das Projekt, das Vorbilder in Dänemark, Sachsen und Berlin hat. Gute Betriebe bekommen eine Plakette in Form eines „Smileys“, die sie an ihre Türen heften. Der Teufel aber steckt im Detail, stellten die Mitglieder des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung fest.
Die Wählervereinigung Bürger für Lübeck (BfL) befürchtet einen erheblichen Verwaltungsaufwand und empfiehlt, die Ergebnisse der routinemäßigen Lebensmittelkontrollen einfach ins Internet zu stellen. Eine Beteiligung am Projekt „Smiley“ auf freiwilliger Basis schaffe keine Transparenz, wenn nur wenige Betriebe mitmachen, erklärt Oliver Dedow (BfL). Tatsächlich zeigt der Blick in den Berliner Bezirk Pankow, dass die wenigsten Unternehmen sich an dem dortigen Versuch beteiligen. Nach Recherchen der Lübecker Verwaltung nehmen 28 Betriebe in Pankow teil – von 6600. BfL-Politiker Dedow: „Was soll der Bürger damit anfangen? Hat ein Betrieb keinen Smiley, weil er nicht sauber ist oder weil er nicht mitmacht?“ Er habe mit dem System seine Bauchschmerzen, bekannte Dedow.
„Bauchschmerzen haben Bürger, die in den unsauberen Betrieben gegessen haben“, konterte Ingo Hoffmann (SPD). Seine Partei hat das Projekt für Lübeck angestoßen. „Was kann man gegen Transparenz haben?“, fragte Hoffmann: „Mit einem Smiley können die Betriebe richtig glänzen.“ Innensenator Thorsten Geißler (CDU) ergänzte: „Das System ist in Dänemark lange erprobt.“ Dort gibt es fünf Siegel – vom Elite-Smiley (vier Mal keine Beanstandung) über Ermahnung bis zur Strafverfügung.
Seine Verwaltung erarbeitet jetzt eine Checkliste. Welche Betriebe kommen in Frage? Wie viele Punkte braucht ein Unternehmen für das Siegel? Vorbild ist Pankow, dessen Vertreter ihr Projekt am 4. Februar in der Hansestadt vorstellten. Im Anschluss sprach die Verwaltung mit Politikern, dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga und der Industrie- und Handelskammer (IHK). Fazit, so Senator Geißler: „Der Dehoga befürwortet das Projekt, will sich aber finanziell nicht beteiligen.“ Geißler geht davon aus, dass die Planung des „Smiley“-Projekts mit dem vorhandenen Personal abgedeckt werden kann. „Die laufende Umsetzung würde aber eine Mehrbelastung auf Dauer bedeuten, da bei den Kontrollen genaue Checklisten bearbeitet werden müssten, sich Kontrollintervalle verkürzen dürften und zusätzlicher Verwaltungsaufwand bei Beschwerden und Widersprüchen zu erwarten ist.“ Bislang kommen die städtischen Kontrolleure im Schnitt alle zwei Jahre bei Imbiss, Restaurant und Schankwirtschaft vorbei. Bereichsleiter Andreas Müller-Buder: „Die Frequenz richtet sich nach einer Risikobewertung und der Zahl der Kontrolleure.“ 2009 wurden 1200 Kontrollen vorgenommen und 90 relevante Verstöße gegen Vorschriften festgestellt.
„Smiley ist gut“, sagte Rüdiger Hinrichs (CDU), sieht aber eher den Bundesgesetzgeber in der Pflicht. „Es kann nicht angehen, dass man einen Gewerbeschein nach ein paar Wochen Schulung erhält“, so Hinrichs, „es geht immerhin um die Gesundheit von Menschen.“ Das städtische Rechtsamt prüft derzeit, ob Beanstandungen bei Lebensmittelkontrollen ins Internet gestellt werden können. In Pankow gibt es von Seiten des Hotel- und Gaststättenverbandes und der Betriebe Widerstand gegen Ekellisten.
Von Kai Dordowsky