Weniger Bürokratie und mehr Personal gefordert
Quelle: ALTMÜHL-BOTE, GUNZENHAUSEN
GUNZENHAUSEN (tell) – Wenn die freundliche Bäckereiverkäuferin dem Kunden zwar die Brötchen über die Theke reicht, er sich die aufliegende Tageszeitung aber selbst nehmen muss, hat das einen Grund: Die Druckerschwärze darf nicht mit dem leckeren Gebäck in Berührung kommen. Das ist nur eine Vorschrift, die in den Aufgabenbereich der Lebensmittelüberwachungsbeamten fällt. Organisiert sind sie seit 30 Jahren im Verband der Lebensmittelkontrolleure Bayerns, der seine diesjährige Tagung gestern in der Gunzenhäuser Stadthalle abhielt.
Bereits im Vorfeld informierte die Führungsmannschaft um Landesvorsitzenden Michael Förtsch in einem Pressegespräch über ihre Aufgaben, Ziele und Wünsche. Dabei wurde schnell klar, wie breit gefächert das Tätigkeitsfeld der Beamten ist. In erster Linie geht es um den Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren, Irreführung und Täuschung, verursacht durch unsachgemäße Behandlung von Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, Kosmetika und Bedarfsgegenständen.
Die Lebensmittelkontrolleure befassen sich also nicht nur mit dem, was auf den Tisch kommt und verzehrt wird, sondern auch um die Gegenstände, die mit Essen und Trinken in Kontakt kommen. Das sind beispielsweise Teller, Gläser und Tassen. Auch was direkt mit der Haut in Berührung kommt, wie Schmuck, Kosmetik und Unterwäsche, fällt in ihre Zuständigkeit. Daher leisten die Kontrolleure ihre Arbeit nicht nur in Bäckereien, Metzgereien, Kantinen und Gastwirtschaften, sondern sind auch in Getränkemärkten und Einzelhandelsgeschäften zu finden. In diesen Betrieben führen sie sogenannte risikoorientierte, unangemeldete Kontrollen durch.
Überprüft wird von ihnen zudem die Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel und die Hygiene von Getränkeschankanlagen. Stichprobenartig kontrollieren sie beispielsweise, ob Artikel im Schaufenster gemäß der Preisangabenverordnung ausgezeichnet sind, sie überwachen Rückrufaktionen und den Verkauf von freiverkäuflichen Arzneimitteln im Einzelhandel. Auch der Vollzug des Rindfleisch- und Fleischetikettierungsgesetzes gehört in den Aufgabenbereich der Verbraucherschutzbeamten, die früher zu rund 80 Prozent im Außendienst tätig waren. Mittlerweile allerdings habe sich dieser Anteil auf 50 Prozent reduziert, bedauern Michael Förtsch und sein Stellvertreter Heinrich Förtsch. Als Grund dafür nennen sie den steigenden bürokratischen Aufwand. «Der Papierkram nimmt überhand, das macht uns zu schaffen», erklären sie.
Abhilfe gegen dieses Problem ist nicht in Sicht, denn mehr Personal wird es angesichts der leeren Kassen wohl in naher Zukunft nicht geben, so die realistische Einschätzung der beiden. Eine weitere Möglichkeit wäre es, «überflüssigen Papierkram abzuschaffen». Entsprechende Vorschläge, in welchen Bereichen zeitaufwendige Schreibarbeiten eingespart werden könnten, wurden den zuständigen Stellen bereits unterbreitet. Bisher habe es jedoch keine Reaktion gegeben.
Dabei verstehen sich die Kontrolleure durchaus als Außendienstbeamte, für die Lebensmittel ein sehr hohes Gut sind: «Überwachung findet im Betrieb statt und nicht vor dem Computer», findet Landesschatzmeister Thomas Simon deutliche Worte. Die vielen «Schreibtischtage» schlagen sich in einer sinkenden Kontrollfrequenz nieder. Verschlechtert werde die Situation noch dadurch, dass die Planstellen nicht zeitgerecht wiederbesetzt werden, ein Zustand, der sich ändern soll.
Ein weiterer «Riesenzeitfresser» sind die «stillen Rückrufaktionen», die von der Öffentlichkeit kaum bemerkt werden. Zum Schutz der Verbraucher werden beispielsweise Puppen aus Fernost, die mit unzulässigen Farben behandelt wurden, aus dem Verkehr gezogen. Vor allem die zunehmende Zahl von Billigprodukten, die containerweise nach Deutschland importiert werden, verschaffen den Beamten jede Menge Arbeit, eine Arbeit, die kaum nach außen dringt. Daher wünschen sie sich mehr Anerkennung ihrer Leistung. Im Rahmen der Dienstrechtsreform wollen sie entsprechend ihrer Qualifizierung in A8 als Einstiegsamt und nicht mehr wie bisher in A7 eingestuft werden. Denn alle Lebensmittelkontrolleure kommen im wahrsten Sinne vom Fach, haben sie doch zunächst eine Lehre im Lebensmittelhandwerk absolviert und dann die Meister- oder Technikerprüfung bestanden. Anschließend folgte eine zweijährige Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur.
«Wir kommen aus der freien Wirtschaft, und wissen, von was wir reden und auf was es ankommt», machen die Mitglieder des Landesvorstands klar. Und sie wissen: «Das ist unser Plus.» Mit dem Großteil der Betriebe herrsche daher ein gutes Miteinander, die Überwachung werde akzeptiert. «Wir sind nicht nur ein Kontrollorgan, sondern liefern Informationen und bieten Beratung an.» Damit das so bleibt und alle Auskünfte auf dem neuesten Stand sind, fordern die Beamten, dass weiterhin Fortbildungen angeboten werden. Sie seien auch bereit, diese selbst zu organisieren. «Das Niveau unserer Veranstaltungen kann mit jeder anderen mithalten», sind sie überzeugt. Daher sollten diese Fortbildungen auch entsprechend anerkannt werden.
Die Lebensmittelkontrolleure fallen in die Zuständigkeit des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Daher hielt Staatssekretärin Melanie Huml die gestrige Festrede in der Gunzenhäuser Stadthalle zum Thema «125 Jahre Lebensmittelüberwachung in Bayern». (Ein eigener Bericht über die Tagung folgt.)