Smiley-Zeichen statt Ekelliste
Stuttgart. Direkt in Gaststätten und Supermärkten sollen nach dem Willen der Grünen die Ergebnisse der Lebensmitelkontrolleure veröffentlicht werden - bei positiven Ergebnissen mit lachenden Aufkleber-Gesichtern.
Schluss mit Schmuddelrestaurants und Imitate-Betrug: Nachdem die städtischen Lebensmittelkontrolleure im vergangenen Jahr 67 Betriebe wegen gravierender Hygienemängel vorübergehend geschlossen haben, fordern die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat zukünftig eine Veröffentlichung der Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen direkt in den Gaststätten oder Supermärkten. Vorbild dafür soll das so genannte Smiley-System aus Dänemark sein. Dort müssen Lebensmittelbetriebe die Prüfergebnisse seit 2001 laut Gesetz offenbaren. Wenn es keine Beanstandungen gab, zeigt der Aushang ein Symbol mit einem lachenden Gesicht. Bei einer Strafverfügung gibt es ein trauriges Gesicht. Das System gilt als Erfolg: Es hat eine hohe Akzeptanz sowohl bei Verbrauchern als auch in der Wirtschaft. Kunden würden sich daran orientieren und auch vom Besuch eines schlecht bewerteten Betriebes absehen.
In Deutschland dagegen veröffentlichen die Behörden die Kontrollergebnisse generell nicht, obwohl sie Jahr für Jahr fast jeden vierten Lebensmittelbetrieb beanstanden. In der Landeshauptstadt wurden im vergangenen Jahr 67 Betriebe wegen gravierender Hygienemängel vorübergehend geschlossen. Die städtischen Lebensmittelkontrolleure entdeckten bei fast der Hälfte ihrer Besuche unappetitliche Zustände. In 301 Fällen waren diese sogar Ekel erregend und gesundheitsgefährdend. Von den 11 328 Lebensmittelbetrieben wurden im vergangenen Jahr 5818 überprüft. Auch wenn die Stuttgarter Kontrollquote mit 51,4 Prozent über dem Landesdurchschnitt von 27 Prozent liegt: "Viele Betriebe werden überhaupt nicht oder nur in großen Abständen kontrolliert", bemängelt Grünenpolitiker Werner Wölfle. Für diese Zustände sei das Land verantwortlich, da es in diesem sensiblen Bereich immer mehr Stellen streiche und die Kommunen mit diesem wichtigen Problem alleine lasse. Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat setzen deshalb auf ein ergänzendes Modell: Um den Verbraucherschutz ohne hohe Kosten zu verbessern, müsse die "marktwirtschaftliche" Kontrolle verstärkt werden. "Dies geschieht ganz einfach durch die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse", heißt es in einem Antrag der Partei. Das neue Verbraucherinformationsgesetz mache es möglich. Den Behörden wurde damit gestattet, bei einem Verstoß gegen verbraucherschützende Vorschriften die Namen der Firmen bekannt zu geben. Dieses Vorgehen finde die volle Unterstützung der Verbraucherschutzverbände.
Andere Regionen Deutschlands wenden dies zum Teil schon guten Erfahrungen an. So wird beispielsweise in Zwickau an Betriebe und gastronomische Einrichtungen, bei denen der Lebensmittelkontrolldienst hohe Qualität und Hygiene festgestellt hat, ein Positiv-Logo in Form eines so genannten Smileys inklusive Urkunde vergeben.
Das Smiley-System findet der Leiter der Lebensmittelüberwachung persönlich eine "gute Sache". Generell jedoch müsse man weiterdenken: "Rechtliche und praktische Fragen müssten geklärt werden - und da sehe ich Schwierigkeiten", sagt Thomas Stegmanns. Rechtlich umstritten sei beispielsweise die Vorgehensweise in Berlin-Pankow. Dort werden auch im Internet Positivlisten und Negativlisten über Betriebe veröffentlicht. Die Negativliste führt Betriebe auf, die gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch sowie die mitgeltenden Rechtsvorschriften und gegen Rechtsakte der Europäischen Union verstoßen haben. "Man muss sich das gut überlegen, da es auch eine Personalfrage ist", sagt Stegmanns. Zeichne ein Kontrolleur beispielsweise ein paar Betriebe in der Stuttgarter Königstraße mit einem positiven Logo aus, würden sich zahlreiche Betriebe melden, um kontrolliert zu werden und um ein Smiley - wohlgemerkt ein positives - zu bekommen. Folglich gebe es ein Kapazitätsproblem. Auch bei Pächterwechseln müsste man erneut kontrollieren.