Fatale Gerüchteküche
Quelle: www.swp.de [1]
Geislingen. Die Tierschützerin schoss übers Ziel hinaus. Sie informierte Kollegen über angebliche Missstände im chinesisch-mongolischen Restaurant in Kuchen. Jetzt steht die Frau wegen übler Nachrede vor Gericht.
Im Sommer vergangenen Jahres sorgte ein Gerücht im Filstal für Furore: Von einem toten Hund in der Gefriertruhe, von Ratten und einer unsauberen Küche im chinesisch-mongolischen Restaurant "Happy Garden" in Kuchen war da die Rede. "Der Hund im Wok ist glatt erlogen", lautete schon am 15. Juli die Überschrift des GZ-Berichts dazu. Da hatte der Gaststätteninhaber bereits Anzeige erstattet, die Polizei nahm Ermittlungen gegen einen Tierschutzverein auf.
Nun musste sich ein Vorstandsmitglied eines Tierschutzvereins vor dem Geislinger Amtsgericht verantworten. Staatsanwältin Franziska Fetzer warf der Angeklagten vor, sie habe ein empfangenes E-Mail kommentarlos an fünf Vorstandsmitglieder weitergeleitet. In der E-Mail wurde behauptet, in der Kühltruhe des Chinalokals habe ein toter Hund gelegen. Der Verfasser empfahl, das Restaurant zu meiden. Das sei bewusst geschäftsschädigend und strafbar, machte die Staatsanwältin klar.
Sie habe die Mail von einer Bekannten erhalten und ohne Kommentar an ihre Vorstandskollegen weitergeleitet, gab die Angeklagte zu. Ihre Absicht sei es gewesen, in der nächsten Vorstandssitzung darüber zu sprechen. Ein Vorstandsmitglied habe jedoch ohne Auftrag den Kuchener Bürgermeister Bernd Rößner als Ortspolizeibehörde informiert und ihm die ausgedruckte Mail übergeben. Damit habe die ganze Sache nun offiziellen Charakter bekommen.
Auf Nachfrage von Amtsrichter Reinhard Wenger meinte die Angeklagte, ihre Bekannte habe die Informationen über das Chinalokal wiederum von einer anderen Frau erhalten. Gegen diese wurde ebenfalls Anzeige erstattet, teilte Rechtsanwalt Gundolf Geiger mit. In diesem Fall habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt. Weshalb hier so und im vorliegenden Fall anders, darüber wunderte sich auch Wenger.
Ein Vertreter der Kooperation Tierschutzvereine bestätigte als Zeuge, dass er die Mail erhalten habe, allerdings habe er keinen Handlungsbedarf erkannt. Das Vorstandsmitglied, das den Bürgermeister informiert hatte, zeigte sich über die Mail verwundert, weil der ursprüngliche Absender eine Event-Firma gewesen sei, die es sich bestimmt nicht leisten könne, Unwahres in die Welt zu setzen.
Bürgermeister Rößner bestätigte, die Mail erhalten zu haben. Er habe sie pflichtgemäß an das Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz im Landratsamt sowie an die Polizeidirektion weitergeleitet. Die Angeklagte habe ihn später im Rathaus aufgesucht und gefragt, wie sie sich verhalten solle. Sie sei dann mit ihm zusammen im "Happy Garden" gewesen und habe sich entschuldigt. Dort sei ihr signalisiert worden, dass der Gastronomiebetrieb keine Schadenersatzansprüche stellen werde.
Nach einem Polizisten vom Posten Kuchen sagte als letzter Zeuge Veterinäramtsleiter Dr. Michael Pettrich, der auch für Lebensmittelüberwachung zuständig ist, aus. Er berichtete, dass der Gastwirt in seiner Not sein Amt zweimal aufgesucht habe und von ihm eine "Positivbescheinigung" haben wollte. Die könne er jedoch nicht ausstellen. Das Lokal sei mehrfach, zuletzt mit drei Mitarbeitern, kontrolliert worden. Dabei hätten sich nie gravierende Beanstandungen ergeben. Pettrich: "Meine Mitarbeiter würden auf jeden Fall hier privat essen gehen."
Da der Geschäftsführer des "Happy Garden" und seine Frau nur über mangelnde Deutschkenntnisse verfügen, vertagte der Richter das Verfahren auf Anfang März. Dann wird ein Dolmetscher in chinesischmandariner Sprache anwesend sein.