Danone: Rückschlag für den „Wohlfühlbauch“
Danone will Actimel und Activia nicht mehr als gesundheitsfördernd bewerben. Dass die Produkte das Immunsystem stärken und die Verdauung fördern ist zwar unumstritten, aber jedes herkömmliche Naturjoghurt tut das auch.
WIEN (cim). Joghurt, Milch, Zucker und Milchsäurebakterien müssen wahre Wunder vollbringen: 100 Milliliter am Tag, und Viren haben keine Chance mehr. Ein anderes Milchprodukt schenkt den „Blähbauch“-Geplagten schnurstracks einen „Wohlfühlbauch“. So verspricht es die Werbung.
Nun drohen Actimel und Activia ein herber Rückschlag. Hersteller Danone will die Verkaufsschlager künftig nicht mehr mit gesundheitsfördernden Eigenschaften bewerben. Die Anträge darauf, dass die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) diese Eigenschaften bestätigt, wurden zurückgezogen.
„Die Produktversprechen von Actimel und Activia sind nicht infrage gestellt. Ihre Wirksamkeit ist in zahlreichen klinischen Studien wissenschaftlich belegt“, heißt es von Danone. Möglicherweise hole man sich den amtlichen Stempel zu einem späteren Zeitpunkt.
Dass Activia oder Actimel das Immunsystem stärken und die Verdauung fördern ist tatsächlich unumstritten. Nur: Jedes herkömmliche Naturjoghurt tut das auch. Actimel kostet freilich deutlich mehr und enthält viel mehr Zucker. Danone hat sich mit den Produktversprechen für Actimel schon eine Menge Kritik eingehandelt: Die deutsche Konsumentenschutzorganisation Foodwatch hat Actimel 2009 zur „dreistesten Werbelüge des Jahres“ erklärt.
Schließlich habe eine Studie der Uni Wien nachgewiesen, dass sich die Wirkung nicht von einem „normalen“ Joghurt unterscheide, aufgrund des Zuckergehalts müsse das Getränk außerdem als Süßigkeit gekennzeichnet werden, heißt es.
„Health Claims“ am Prüfstand
DieEFSA geht seit dem Jahr 2007 – als die „Health Claims“-Verordnung in Kraft getreten ist – Werbeslogans auf den Grund, die eine gesundheitsfördernde Wirkung versprechen. Die Angst des französischen Joghurtimperiums, dass die versprochenen Eigenschaften der Produkte nicht bestätigt werden, ist begründet: 2009 wurden nur etwa 40Prozent der untersuchten „Health Claims“ genehmigt. Würden Actimel und Activia durchfallen, wäre das ein enormer Imageschaden. Danone begründet den Rückzug mit Unklarheiten über die erforderlichen Unterlagen.
In Großbritannien wurden TV-Werbespots für Actimel schon im Herbst 2009 behördlich gestoppt. Danone hatte darin behauptet, das Actimel positiv auf die Gesundheit von Kindern wirke. Das sei wissenschaftlich nicht erwiesen, argumentierte die britische Werbeaufsicht ASA.
Auch Anbieter ähnlicher Produkte werden bei ihren Werbebotschaften vorsichtiger und versprechen nicht mehr umfassende Gesundheit durch ein Fläschchen Joghurtdrink: „Achten Sie auf eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung und einen gesundheitsbewussten Lebensstil“ – das wird am Ende des Yakult-Spots mittlerweile kurz eingeblendet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2010)